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Warum du Menschen Raum zum Wachsen geben solltest

Nie sind wir so verwundbar, wie wenn wir gerade unsere ersten unsicheren Schritte in eine neue Richtung wagen. Wenn wir uns öffnen und zum ersten Mal eine neue Seite von uns zeigen, sind wir verletzlich.

Leider gibt es Menschen, die genau diesen Moment nutzen, um uns mit negativen Bemerkungen zu beglücken. Und jedes Wort trifft mitten ins Herz – wie ein vergifteter Pfeil.

Immer wenn ich einen neuen Schritt mache, erfahre ich einen Schwall von Ablehnung. Durch geladene Emails, bitterböse Nachrichten auf Facebook oder gehässige Youtube-Kommentare – die Giftpfeile erreichen mich.

Nicht länger schweigen

Nach der letzten Negativ-Welle, die ich erlebt habe, überlege ich, ob ich etwas Konstruktives über dieses Thema schreiben kann.

Meistens stecke ich diese Angriffe nämlich einfach weg. Ich begegne dem Schmerz, begegne den Angriffen und lächle weiter. Doch vielleicht gibt es hier etwas Wertvolles, was ich mit euch teilen kann.

Vielleicht ist es für einige von euch hilfreich zu erfahren, was uns in dieser Welt erwartet, wenn wir sichtbar werden, wenn wir uns weiter entwickeln und alte Grenzen überschreiten. Und wer weiß, vielleicht können wir einen neuen Umgang miteinander entwickeln, der Wachstum fördert?

Das Risiko, dich zu verändern

Menschen sind miteinander verbunden. Wir leben in einem vielschichtigen Netzwerk. Wir spüren die Präsenz anderer Menschen ganz intuitiv. Wir nehmen wahr, welchen Platz jemand einnimmt.

Du kennst das vielleicht in deinem Freundeskreis. Sobald du an eine bestimmte Person denkst, spürst du eine Energie, eine bestimmte Qualität. Wenn du jemanden länger kennst, dann gewöhnst du dich an diese Qualität. Du weißt, wie derjenige ist.

Wenn wir uns dafür öffnen zu wachsen, zu heilen und uns innerlich weiter zu entwickeln, dann verändern wir uns jedoch. Unsere Energie wandelt sich. Oftmals nehmen wir auf der energetischen Ebene einen völlig neuen Platz ein.

Alle bemerken, wenn du dich veränderst

Vielleicht hast du schon einmal erlebt, dass du einen inneren Schritt gemacht hast – und auf einmal klingelt dein Telefon und eine Freundin will wissen, ob es dir gut geht. Oder deine Eltern stehen auf der Matte und wollen etwas von dir.

Du denkst: „Aber ich habe doch gar niemandem gesagt, dass ich mich weiter entwickelt habe! Warum reagieren trotzdem alle?“

Menschen brauchen keine Worte, um zu spüren, dass sich jemand verändert. Man muss dafür nicht einmal ein besonders feinfühliger Mensch sein. Wir sind miteinander verbunden und wir spüren, wenn jemand seinen angestammten Platz verlässt oder sich innerlich weiter entwickelt.

Wer eher oberflächlich unterwegs ist, wird natürlich nicht bewusst denken: „Oh meine beste Freundin hat sich weiter entwickelt. Ich rufe mal an, um zu hören, wie es ihr damit geht.“, sondern einen oberflächlichen Grund finden, warum sie gerade dann anrufen, sich beschweren oder etwas von dir fordern.

Was wir brauchen, wenn wir wachsen

Wenn wir einen inneren Schritt machen, dann sind wir meistens sehr unsicher. Wenn du es schon einmal gewagt hast, dich nicht länger von jemandem ausnutzen zu lassen, dann weißt du was ich meine. Man hat Angst und fragt sich, ob man das Recht hat, Grenzen zu setzen.

Es wäre so schön, wenn derjenige, der uns ausgenutzt hat, in dem Moment mit folgenden Worten auf uns zukommen würde: „Es tut mir leid, dass ich dich ausgenutzt habe! Ich habe bemerkt, dass ich ziemlich egoistisch war. Ich versuche, das in Zukunft nicht mehr zu machen. Ich finde es gut, dass du ab sofort besser auf dich aufpasst und ich hoffe du sagst es mir sofort, wenn ich deine Grenze aus Versehen überschreite. Jetzt ziehe ich mich erstmal zurück und gebe dir Raum, damit unser Miteinander heilen kann. Und wenn du gar keinen Kontakt mehr möchtest, dann ist das auch okay.“

Das wäre doch traumhaft schön oder? Aber wir sind noch nicht im Himmel, sondern auf der Erde. Und hier geht es oftmals noch sehr rau zu. Natürlich gibt es positive Überraschungen, aber oftmals erwarten uns andere Reaktionen, wenn wir uns weiter entwickeln.

Vergiftete Pfeile

Für viele kreative Menschen kommt der Moment, wo sie etwas, das lange Zeit im Verborgenen gereift ist, mit der Welt teilen. Und in diesen ersten wackeligen Momenten sind wir oft besonders angespannt, besonders hölzern oder schlichtweg ungeschickt.

Denke an einen Jugendlichen, der gerade einen enormen Wachstumsschub hinter sich hat und auf einmal schlaksig und unbeholfen vor dir steht. Nicht länger ein Kind und doch auch kein Erwachsener – nichts passt so richtig zusammen und man hat den Eindruck: „Du musst erst in deine neue Größe hineinwachsen.“

Mittlerweile glaube ich, dass es Menschen gibt, die auf diesen Moment warten. Wenn wir auf wackeligen Beinen stehen und unsere Knie zittern. Statt Mitgefühl mit uns zu haben und achtsam zu sein, nutzen sie diesen Moment, um ihre giftigen Pfeile zu verschießen.

  • So, du verdienst jetzt also Geld mit deinem Hobby. Tja, ich kenne andere Leute, die aus Liebe arbeiten, nicht für Geld…
  • So, du bietest also ein Seminar an. Dabei hattest du doch vor kurzem selbst eine heftige Krise. Na, wenn du meinst, dass du in deiner Situationen anderen helfen solltest…
  • So, du hast dich heute anders angezogen als sonst. Naja, diese Farbe ist nicht besonders vorteilhaft für dich, oder? Aber vielleicht stört es dich nicht, mollig auszusehen…

Ein Giftpfeil nach dem anderen findet sein Ziel. Und das Blöde ist, dass man in dem Moment seine ganze Kraft braucht, um aufrecht stehen zu bleiben. Die Selbstsicherheit für das Neue ist noch nicht da, die innere Gelassenheit fehlt. Das dicke Fell ist noch nicht gewachsen.

Nicht ablenken lassen

Mir fällt es ehrlich gesagt immer sehr schwer, wenn eine negative Welle ins Rollen kommt. Seit einigen Jahren habe ich Hilfe in der Beantwortung meiner Emails (das könnte ich alleine gar nicht bewältigen) und bin ganz froh, dass die schlimmsten Giftpfeile vorher aussortiert werden.

Da ich gerne offen bin für konstruktive Kritik und ehrlich gemeinte Verbesserungsvorschläge, gerate ich öfter in Versuchung, mich von den giftigen Pfeilen verwirren zu lassen. Doch meine Erfahrung ist, dass nichts Gutes entsteht, wenn man sich zu sehr mit dem Hass anderer beschäftigt.

Wenn ich etwas tatsächlich falsch mache und etwas verändern muss (was öfter vorkommt), dann stupst mich meine liebevolle innere Stimme und zeigt es mir auf eine Weise, die ich verstehen und annehmen kann. Ich bin jederzeit offen dafür. Ich bin bereit. Ich möchte meine Fehler erkennen und ich möchte wachsen.

Doch hinter den giftigen Pfeilen steht meistens kein konstruktiver Lernschritt, den ich gehen kann, sondern in 99% der Fälle steckt dahinter einfach nur Frust, Ärger oder Neid:

  • Ich will, dass du wieder so bist wie früher.
  • Wie kannst du es wagen, dich zu verändern und nicht mehr so zu sein, wie ich es von dir erwarte?
  • Ich möchte, dass du mir weiterhin das gibst, was bequem für mich ist.
  • Ich finde es nicht gut, dass du dich verändert hast.
  • Wie kannst du es wagen, einen Schritt zu gehen, den ich seit Jahren gehen möchte und mir nicht zutraue?

Wir sind mit verantwortlich für andere

In den vielen Jahren, in denen ich Klienten dabei begleitet habe, ihre Bestimmung zu finden und ihre Fähigkeiten in die Welt zu bringen, habe ich bemerkt, wie wichtig es ist, eine Menge Liebe, Achtsamkeit, Mitgefühl und Humor in diese herausfordernden Anfänge zu bringen.

Statt Giftpfeile zu verschießen, geht es darum, das Neue im anderen zu sehen – selbst wenn es noch nicht vollständig entwickelt ist. Ich sehe die Seminarleiterin in dir, noch bevor du selbst daran glaubst, dass du Seminar leiten kannst.

Wir brauchen Liebe um wachsen zu können.

Und wir haben es in der Hand, ob wir andere in ihren Wachstumsphasen unterstützen – oder zu Fall bringen.

Wir müssen uns einfach nur fragen, in welcher Welt wir leben wollen.

Möchtest du in einer Welt leben, in der alles zarte Neue sofort angegriffen und zerstört wird? Oder möchtest du in einer Welt leben, in der das Neue liebevoll ankommen und in Ruhe wachsen darf?

Deine innere Einstellung berührt die Menschen in deiner Umgebung. Du kannst Wachstum, Heilung und Veränderung fördern – bei dir selbst und bei anderen.

Wir wachsen gemeinsam

Heute habe ich aus meiner jetzigen Perspektive geschrieben. Doch vor vielen Jahren habe ich selbst einige Giftpfeile auf andere abgeschossen. (Vielleicht kann ich deshalb auch so gut nachvollziehen, wie man sich dabei fühlt.)

Ich war so voller Schmerz und habe mich selbst so furchtbar abgelehnt. Ich hatte keinen Raum, um mich zu entwickeln. Wenn ich dann Freunde oder Bekannte beobachtete, die scheinbar ganz entspannt große Schritte machten – tat mir das weh. Tief innerlich spürte ich, dass ich auch wachsen möchte, es aber nicht kann.

Und so griff ich zum Giftpfeil. Bei mir äußerte sich das in blödem jugendlichen Geläster über andere, in spitzen Bemerkungen und der stillen Hoffnung, dass derjenige auf die Nase fällt und versagt. Stolz bin ich darauf nicht…

Erst als ich selbst bemerkt habe, dass es eine Liebe gibt, die jeden Menschen einlädt zu wachsen, ganz egal was wir erlebt haben, konnte sich mein Verhalten ändern. Ich merkte, dass genug Liebe für alle da ist. Es ist genug Raum für alle da. Es ist okay, wenn sich Menschen verändern, wachsen und sichtbar werden. Wir wachsen gemeinsam.

Und das Schönste ist: Wir können den Raum halten, wenn jemand von uns zaghaft und zittrig seine ersten Schritte wagt. Wir können die Daumen drücken und sagen: „Ich wünsche mir, dass du erblühst. Ich wünsche mir, dass das Schönste in dir zum Vorschein kommt. Du bist ein Geschenk!“